Wenn man uns Benediktinerinnen heutzutage fragt, wer „dieser Benedikt“ eigentlich war, dann könnte man mit dem Vesper-Hymnus vom 11. Juli antworten: „Abraham gleichend, ein zweiter Mose“!
Wie Abraham folgte der Hl. Benedikt dem Ruf Gottes und zog aus seiner Heimatstadt Nursia im umbrischen Apennin, über Rom und Subiaco zum „gelobten Land“ des Monte Cassino. Mose gleichend gab der Heilige Vater seinen „Söhnen“ ein Lebensprogramm – Frucht seiner persönlichen Gottesbegegnung. So wie „der Herr und Mose miteinander Auge in Auge redeten“ so redete Christus mit Benedikt, „wie Menschen miteinander reden“ (vgl. Ex. 33,11). Aus dieser tiefen Beziehung entstand die Regel, die man sehr treffend als „christozentrische“ Regel, oder ein „ausgesprochenes Christusbuch“ (Abt Christian Schutz OSB) bezeichnet. Der Abt verwendet oben genannten Begriff nicht nur in Bezug auf bestimmte Christus-Aussagen, die in der Regula unmittelbar aus dem Evangelium zitiert werden, sondern in Bezug auf die Regel insgesamt. Diese auf Christus bezogenen Stellen verbinden das ganze Werk wie ein Netz. Unter der Christus-Perspektive schaut Benedikt auf den Abt, der mit „Herr“ angeredet werde, weil man im Glauben erkennt, dass er Christi Stelle vertritt; auf die Gäste, denn besonders in ihnen wird Christus aufgenommen; auf den Kranken, denen man so dienen soll, als wären sie wirklich Christus.
Die Benediktusregel bietet eine ganze Reihe von „Christus-Bezeichnungen“, die dazu verhelfen können Seine Anwesenheit im Alltag zu erkennen und auf sie aufmerksam zu werden. So ist der Herr: „Christus exemplum“ (Christus das Beispiel), „Christus adiutorium/adiutor“ (der Helfer), „Christus oboediens“ (der Gehorsame), „Christus humilis“ (der Demütige), „Christus dies“ (der Tag), „Christus patientia“ (die Geduld), „Christus lumen/lux“ (das Licht), „Christus pius“ (der Gütige), „Christus hospes“ (der Gast), „Christus infirmus“ (der Kranke), „Christus servus“ (der Diener), „Christus misericordia“ (die Barmherzigkeit), „Christus tacitus“ (der Schweigsame), „Christus pax“ (der Friede).
In den Augen des Hl. Benedikts ist Christus nicht nur eine Person, sondern ein Programm, ein Programm in seiner Person.
Möge uns der heilige Vater Benedikt dabei helfen, unser Lebensprogramm nach diesem Programm auszurichten!
Hl. Benedikt, Patron Europas, bitte für uns!