Zeugnis einer Berufung
„Wenn jemand vom Herrn verändert werden möchte,
muss er einen Kampf akzeptieren…“
Irgendwann, irgendwo, habe ich diesen Satz gelesen und mich sehr mit ihm identifiziert. Gott ist „radicaltier aliter“, wie die Mystiker es zu sagen pflegen, also ganz radikal anders, als unsere Vorstellung von ihm.
Er schlägt uns oft das vor, was wir uns für uns nie vorstellen würden. Und hier beginnt der Kampf … mit sich selber, mit Stereotypen, falschen Werten, Heuchlerei und Egoismus.
Ein paar Sätze über meine Berufung:
Es ist gar nicht so einfach, weil „einmal gewählt, muss ich immer wählen“ – ich muss immer wählen …Ich glaube, dass jede von uns mehr oder weniger bewusst, vor allem die Liebe, das Glück und die Wahrheit sucht. Wichtig ist aber, dass man wirklich sucht. Dass man neugierig bleibt, offen für die Menschen, für die Welt, nur dadurch können wir zur Quelle kommen, weil es nur eine Quelle gibt.
So suchte ich Gott in meinem Leben, sogar dann, wenn ich weit weg von ihm war. Jetzt, rückblickend, würde ich sagen, dass meine Berufung mit meiner Bekehrung eng verbunden ist.
Ich lebte wie jeder junge Mensch, kämpfte mit dem Alltag in der Schule, weil diese mir die meiste Zeit raubte, aber auch mit dem Alltagsleben in der Familie, mit den Freunden, usw. …
Unbemerkt drang der Herr sanft in mein Leben hinein und veränderte es langsam. Oft, als ich Priester oder Ordensleute ansah, dachte ich: Wie kann man so leben? Wie konnten sie von einen Tag auf den anderen, sich entscheiden, so radikal zu leben, und dazu noch für einen Wert, den man nicht angreifen kann, den man nicht sieht, also ohne jegliche Sicherheit. Ich glaubte damals, entweder ist mit ihnen etwas nicht in Ordnung, oder der Engel des Herrn kam zu ihnen, wie zu Maria, mit einer geheimnisvollen Botschaft von Gott … wie sollte es anders sein?
Wenn ich das Leben von Mutter Teresa von Kalkutta, Papst Johannes Paul II. und vieler anderer Menschen betrachtete, stellte ich mir die Frage, wie konnten sie so leben? Warum? Ja, der Herr schickt die Engel… und er musste mir viele Engel schicken. Er ist geduldig, er wartet…
Erst nach längerer Zeit konnte ich sehen, dass der Herr mich getragen und an der Hand geführt hat, bis zu diesem Ort, an dem ich heute lebe. Wer waren diese Engel? Das waren Exerzitien, Worte die mich zufällig ins Herz getroffen haben, ohne zu wissen warum, Priester, die mich mit ihrer Offenheit in ihren Herzen begleitet haben, manchmal ein Buch, eine Wallfahrt … ständiges Suchen.
Als ich die ersten Rufe unterdrücken wollte, beschloss ich, ein Voluntariat mitzumachen, wo ich viele wunderbare Menschen kennenlernen konnte, wo ich die Realität erfuhr und die Wahrheit, dass Jesus wirklich auf dem Heu liegt, als kleines, wehrloses Kind, und auf uns wartet. All das, hat mich der Kirche näher gebracht. Auf diese Weise erinnerte ich mich langsam an diese Augenblicke, als ich noch klein war, und Mai- und Rosenkranzandachten sowie Kreuzwege besuchte und mich gerne in der Kirche aufhielt. Nicht wissend warum, fühlte ich mich dort sicher und geborgen, mit der Zeit ist dieses Gefühl abhanden gekommen. Es kam die Auflehnung, Zorn gegen Gott – mit gleichzeitiger Suche nach ihm, oft dort, wo man ihn am schwierigsten findet. Ich fing an, am Sonntag in die Kirche zu gehen, mit der Überzeugung, dass es sich so gehört, damit die Pflicht erfüllt wird, damit ich das Gesicht eines Christen wahre, und nicht so bin, wie die Gläubigen und Nicht-Praktizierenden. So entschuldigte ich mich vor mir selber. Das genügte aber nicht. In jedem von uns gibt es einen Ort, dass wir als Herz benennen, in dem ER ganz ist. Deswegen gab es mir keine Ruhe, irgendetwas war nicht in Ordnung, ich spürte, dass das oberflächliche Antasten des Glaubens, des Lebens, keinen Sinn hat.
Das war der beste Weg um die Lust nach dem Suchen und nach dem Leben zu verlieren. Man kann so leben – aber was ist es für ein Leben? Es kam in mir die Sehnsucht nach dem LEBEN.
Eines Tages übergab mir ein Priester, der mich in Religion unterrichtete, ein Flugblatt der Schwestern aus Wien, mit dem Angebot, ich könnte mit meiner Freundin dorthin fahren, ein bisschen bei den Kindern helfen, und das Leben der Schwestern kennenlernen. Ein Jahr vor der Matura, während der Sommerferien, fuhr ich zu den Schwestern und verbrachte dort eine Woche in der ich betete und den Kindern half. Die wichtigste Erfahrung war, dass man auch so LEBEN kann und dass es ein erfülltes, ja, mit jedem Tag mehr erfülltes Leben sein kann. Obwohl die Sehnsucht hier zu bleiben in mir aufgekommen ist, war es nicht so einfach. Ich fühlte Angst, irgendeine Entscheidung zu treffen. Es war so, als ob ich nervös mit dem Kopf nach links und rechts schauen würde, als wenn man über die Straße gehen möchte, und Angst hat, einen Schritt nach vorne zu tun. So sah mein Leben aus. Gott sprach „Ich habe für dich einen kleinen Weg, ich bereitete es für dich allein, komm, komm einfach hinein, komm zu mir, weil ich dich erkauft habe“ (vgl. Jesaja 43,1).
Aber ich wollte mich versichern, ob es der richtige Weg ist, ich wollte sicher sein, um später nichts zu bereuen. Damals hatte ich mir am liebsten gewünscht, dass jemand anderer für mich die Entscheidung trifft, die Verantwortung für mein Leben übernimmt. Ich lief davon und gab es nicht zu. Außerdem bietet uns heutzutage das Leben so viele Möglichkeiten. Wie jeder Mensch, der kurz vor der Matura steht, überlegte ich, was ich in der Zukunft machen möchte, wer ich sein möchte. Ich wollte studieren, reisen, eine Familie gründen, usw. …
Es zerrten verschiedene Sehnsüchte an mir. So sehr wollen wir unser Leben gut leben, dass uns die Angst überfällt, einen Fehler zu machen oder eine falsche Entscheidung zu treffen. Was ist aber das alles, dass wir suchen? Wer ist ALLES, dass wir suchen? „Ich wähle alles“, sagte einmal die kleine Therésè von Lisieux – jetzt eine der größten Heiligen, Kirchenlehrerin. Sie hat gewählt DEN… der alles gibt, und ALLES ist, weil ER die LIEBE ist. Ich bestand die Matura, die Zerissenheit jedoch blieb. Sie blieb so lang, bis ich begriff, dass dieser Weg, den ich im Herzen verspüre, das ist, was ich suchte: Wahrheit, Leben und Liebe.
Und auf die Liebe …
… antwortet man mit Liebe!