Studientag mit P. Georg Braulik OSB: Vertiefung in das Psalmengebet

Einen bereichernden Studientag mit P. Georg Braulik OSB durften wir am 3. Oktober erleben, bei dem uns P. Georg tiefere Einblicke in das Psalmengebet ermöglichte. In zwei Teilen führte er uns zu einem persönlichen Zugang – ein besonderer Schwerpunkt lag auf Psalm 23 und seiner Bedeutung in der christlichen Tradition.

Teil 1: Zwei Türen zum Psalmengebet – Bilder und Gattungen

P. Georg stellte uns im ersten Teil zwei zentrale Zugänge zum Psalmengebet vor: durch Bilder und Gattungen/Textsorten. Diese „Türen“ öffnen uns den Weg, um die Psalmen auf eine tiefere, persönlichere Weise zu verstehen.

a) Bilder in den Psalmen

Die Psalmen sind reich an Bildern aus dem Alltagsleben der Menschen in biblischer Zeit. Diese Bilder sprechen zu uns auf einer tiefen emotionalen und spirituellen Ebene. P. Georg ermutigte uns, diese Bilder in unser eigenes Leben hineinzunehmen und für uns zu ‚übersetzen‘. Die Bildsprache der Psalmen hilft uns, uns in den Texten wiederzufinden und unser eigenes Leben vor Gott zu bringen. So können die Psalmen zu einem persönlichen Gebet werden, in dem wir unsere eigenen Erfahrungen im Licht der biblischen Bilder vor Gott ausbreiten.

b) Gattungen/Textsorten der Psalmen

Eine weitere „Tür“ zum besseren Verständnis der Psalmen ist das Erkennen ihrer verschiedenen Gattungen oder Textsorten. Die Psalmen umfassen Lob- und Danklieder, Klagepsalmen, Bittgebete und Weisheitspsalmen. P. Georg erklärte, dass die verschiedenen Formen der Psalmen uns helfen können, unsere Gebete je nach Lebenssituation zu gestalten: Die Klagepsalmen geben uns Worte für Zeiten der Not, während die Dankpsalmen uns helfen, unsere Freude und unser Vertrauen in Gott auszudrücken. Auch die Herausforderung, Psalmen zu beten, die nicht unserer aktuellen Gemütslage oder unserem Erleben entsprechen, schult und formt unser Gebet – vor allem das Fürbittgebet für andere Menschen und ihre Anliegen.

Teil 2: Die Wege von Psalm 23

Im zweiten Teil des Studientages widmete sich P. Georg Psalm 23, einem der bekanntesten Psalmen.

Alltägliche Vorgänge und Bilder in Psalm 23

Psalm 23 spricht in einfachen Bildern von Schutz, Nahrung, Wasser und Ruhe, Gottes Fürsorge und Nähe – aber auch von Gefahren, Furcht und Bedrängnis. Nichts wird verdrängt – Gott ist in allem da. Indem wir diese Bilder in unser Gebet aufnehmen, lernen wir, auch in allen Umständen des Lebens die Gegenwart und das Wirken Gottes zu erkennen.

Sich aus menschlicher Erfahrung an Gott wenden

P. Georg betonte, dass Psalm 23 eine Antwort auf menschliche Erfahrungen von Unsicherheit und Vertrauen ist. Der Psalm führt uns auf den „Weg des Vertrauens“ – ein Weg, den nicht nur wir persönlich gehen, sondern der auch den Weg Israels symbolisiert. Der Psalm erinnert uns daran, dass Gott uns in allen Phasen des Lebens, selbst im „finsteren Tal“, treu begleitet und uns leitet.

Die altkirchliche Verwendung in der Liturgie der Osternacht

Besonders einprägsam war P. Georgs Hinweis auf die altkirchliche Verwendung von Psalm 23 in der Liturgie der Osternacht. In der frühen Kirche wurde dieser Psalm oft bei den Initiationsriten überreicht, neben dem Vaterunser und dem Glaubensbekenntnis. Er symbolisierte die Taufe – durch die „Dunkelheit des Todes“ hin zum „Licht der Auferstehung“. So wird Psalm 23 zum Gebet der Hoffnung und des Vertrauens auf den Gott, der den Tod besiegt und uns in die Fülle des Lebens führt.

Wir danken P. Georg für diesen Studientag. Mit seiner fundierten Expertise und seiner spirituellen Tiefe hat er uns neue Wege zum Psalmengebet eröffnet und uns inspiriert, diese Texte auf neue, lebendige Weise zu verstehen.