„Er verkündete: Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich; ich bin es nicht wert, mich zu bücken, um ihm die Schuhe aufzuschnüren.“ (Mk, 1)
Einem Herrn die Schuhe aufzuschnüren war die Aufgabe eines Sklaven. Auf diesem Hintergrund klingt die Aussage Johannes des Täufers verwirrend. Wenn er sich für eine Sklaven-Aufgabe nicht würdig hält, kann das bedeuten, dass es mit dem Auftreten des Jesus von Nazaret eine neue Dimension von ‚Knecht-Sein‘ gibt – eine solche nämlich, die doch mit Würde verbunden ist.
In der ersten Lesung aus dem Buch Jesaja lesen wir heute: „Redet Jerusalem zu Herzen und verkündet der Stadt, dass ihr Frondienst zu Ende geht, dass ihre Schuld beglichen ist; denn sie hat die volle Strafe erlitten.“ Es scheint zwischen dem Frondienst und dem Dienen Jesu einen wesentlichen Unterschied zu geben. Wenn der Einbruch Gottes in die Geschichte das Antlitz der Erde erneuert, so verwandelt Er auch unsere Fronarbeit (welche die Strafe im Hintergrund hat) in Dienen, welches (seit Jesus von Nazareth) auf die Liebe zurückgeht. Deshalb ist ein Diener ‚stärker‘ und ‚würdiger‘ als ein bloßer Fronarbeiter.
Haben wir Mut zum Dienen, haben wir Mut‚uns zu bücken, um die Schuhe unserer Nächsten aufzuschnüren. Was hier wirklich geschieht, ist keine Sklaverei, sondern – wie es Edith Stein es sehr treffend nennt – „die freieste Tat der Freiheit“. Denn wer liebt, ist frei. Und die Liebe bleib immer ‚die würdigste‘.